Ein Chef der Spezialeinheit von Scotland Yard beschreibt in seinen Erinnerungen, wie er Klaus Fuchs verhört hat. Sie wußten Bescheid über ihn, konnten ihm aber nichts nachweisen. Beim zweiten Verhör haben sie ihn gekriegt, durch eine ganz einfache Methode. Der Chef der Spezialeinheit beschreibt das so: Wenn man einem Kriminellen etwas vorwirft, was nicht stimmt, wird er nicht widersprechen, er schweigt. Ein Intellektueller dagegen hält es nicht aus, wenn man ihm etwas vorwirft, was nicht stimmt. Er hält es nicht aus, nicht zu widersprechen. Und dann ist er im Spiel, dann beginnt das Gespräch, dann kriegt man ihn. Ein Intellektueller will immer eine Rolle spielen, man muß ihm eine Rolle anbieten. Das ist auch der Bucharin-Punkt, der Punkt der Moskauer Prozesse. Dem Intellektuellen kommt man so bei, dem Kriminellen nicht, der weiß Bescheid.
(Heiner Müller, Krieg ohne Schlacht – Leben in zwei Diktaturen, 1992, S. 183 f.)