Der Beginn der Menschlichkeit

Ich glaube, die Menschlichkeit fängt an, wo ungeniale Leute glauben, daß sie aufhört. (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 838 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1981])

Dummheit von Augenblickswesen

… jene Dummheit von Augenblickswesen, die nicht zu denken vermag, daß es noch wieder anders kommen kann… (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 508 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1981])

Organische Inanspruchnahme

… von einer sechsgängigen Berghof-Mahlzeit organisch stark in Anspruch genommen… (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 219 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1981])

Namensanprobe

Frau Chauchat hieß Clawdia. Hans Castrop verstand nicht gleich. Er ließ sich den Namen wiederholen und buchstabieren, bevor er ihn auffaßte. Dann sprach er ihn mehrmals nach, indem er dabei mit rot geäderten Augen zu Frau Chauchat hinüberblickte und ihn ihr gewissermaßen anprobierte. (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 197 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1981])

Der Leidende als des Leidenden Führer und Heiland 

So hatte er sich eingebürgert als einer der Ärzte, die Leidensgenossen … sind; die nicht, von der Krankheit unabhängig, sie aus dem freien Stande persönlicher Intaktheit bekämpfen, sondern selber ihr Zeichen tragen, – ein eigentümlicher, aber durchaus nicht vereinzelter Fall, der ohne Zweifel seine Vorzüge wie sein Bedenkliches hat. Kameradschaft des Arztes mit dem Patienten…

Liebe und Logik

Unter allen Naturtrieben, …, sei sie (sc. die Liebe) der schwankendste und gefährdetste, von Grund aus zur Verirrung und heillosen Verkehrtheit geneigt, und das dürfe nicht wundernehmen. Denn dieser mächtige Impuls sei nichts Einfaches, er sei seiner Natur nach vielfach zusammengesetzt, und zwar, so rechtmäßig wie er als Ganzes auch immer sei, – zusammengesetzt sei…

Illusion der Unabhängigkeit

Bei solchen Veranstaltungen hospitiere ich… – ich komme auf eine Viertelstunde und gehe wieder meiner Wege. Das gibt mir die Illusion der Unabhängigkeit… (Thomas Mann, Der Zauberberg, S. 160 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1981])

Geistiges Dilettieren

… daß er geistig dilettiert, daß er nach Art begabter Jugend mit den möglichen Anschauungen vorläufig nur Versuche anstellt. Der begabte junge Mensch ist kein unbeschriebenes Blatt, er ist vielmehr ein Blatt, auf dem gleichsam mit sympathetischer Tinte alles schon geschrieben steht, das Rechte wie das Schlechte, und Sache des Erziehers ist es, das Rechte…

Der wahrhaft theologische Weg zum Heil

Ihr verlaßt Euch darauf, daß der Stolz mich an der zur Rettung notwendigen Zerknirschung hindern wird, und stellt dabei nicht in Rechnung, daß es eine stolze Zerknirschung gibt. Die Zerknirschung Kains, der der festen Meinung war, seine Sünde sei größer, als daß sie ihm je verziehen werden möchte. Die contritio ohne jede Hoffnung und als…

Das Leben ist nicht heikel, zum Teufel!

Deine Neigung, Freund, dem Objektiven, der sogenannten Wahrheit nachzufragen, das Subjektive, das reine Erlebnis als unwert zu verdächtigen, ist wahrhaft spießbürgerlich und überwindenswert. Du siehst mich, also bin ich dir. Lohnt es zu fragen, ob ich wirklich bin? Ist wirklich nicht, was wirkt, und Wahrheit nicht Erlebnis und Gefühl? Was dich erhöht, was dein Gefühl…

Beiläufige Unterrichtung

Mit aller Bestimmtheit will ich versichern, daß es keineswegs aus dem Wunsche geschieht, meine Person in den Vordergrund zu schieben, wenn ich diesen Mitteilungen über das Leben des verewigten Adrian Leverkühn, dieser ersten und gewiß sehr vorläufigen Biographie des teuren, vom Schicksal so furchtbar heimgesuchten, erhobenen und gestürzten Mannes und genialen Musikers, einige Worte über…

Der Ruhm der Menschenseele

„Herr, was tust du?“ In solchen Fällen erfolgt keine Antwort. Aber der Ruhm der Menschenseele ist es, daß sie durch dieses Schweigen nicht an Gott irre wird, sondern die Majestät des Unbegreiflichen zu erfassen und daran zu wachsen vermag. (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 387 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter…

Pädagogische Verantwortungslosigkeit

Sie genossen den schelmischen Übermut mit jener pädagogischen Verantwortungslosigkeit, die unser Verhältnis zu anderer Leute Kindern bestimmt. (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 382 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1983])

Wissen

„Das weißt du nicht?“ fragte der Hundejüngling. „Ich kann nicht genau unterscheiden“, antwortete Jaakob, „was ich von mir aus weiß und was ich von dir erfahre.“ „Wüßtest du’s nicht“, gab jener zurück, „so könnte ich’s dir nicht sagen.“ (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 288 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de…

Die Schuld des Menschen

Die Götter wollten und ließen tun; aber die Schuld war des Menschen. (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 239 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1983])

Conditio humana

Wir erbittern uns am meisten über Beschuldigungen, die zwar falsch sind, aber nicht gänzlich. (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 87 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1983])

Prototyp des Dichters

Aber das Gefühl eben neigt von Natur zur Zügellosigkeit und einem weichen Kult seiner selbst; es will sich nicht verbergen, es kennt keine Verschwiegenheit, es trachtet, sich zu bekennen, sich kundzutun, es möchte aller Welt, wie wir sagen, „unter die Nase gerieben“ sein, auf daß sie sich damit beschäftige. Dies ist die Unenthaltsamkeit der Gefühlvollen….

Der Brunnen der Vergangenheit

Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen? (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder I: Die Geschichten Jaakobs, S. 7 [Frankfurter Ausgabe, hrsg. v. Peter de Mendelssohn, 1983])