Was Liebe ist und was sie nicht ist

In seinem dreiundvierzigsten Jahr erfuhr William Stoner, was andere, oft weit jüngere Menschen vor ihm erfahren hatten: dass nämlich jene Person, die man zu Beginn liebt, nicht jene Person ist, die man am Ende liebt, und das Liebe kein Ziel, sondern der Beginn eines Prozesses ist, durch den ein Mensch versucht, einen anderen kennenzulernen. (John…

Literarisches Coming-out

Die Liebe zur Literatur, zur Sprache, zum Mysterium des Verstandes und des Herzens, wie sie sich in den kleinen, seltsamen und unerwarteten Kombinationen von Buchstaben und Wörtern zeigte, in der schwärzesten, kältesten Druckertinte – die Liebe, die er verborgen gehalten hatte, als wäre sie gefährlich und verboten, diese Liebe begann er nun offen zu zeigen,…

Erste Leidenschaft

Fast jede erste Leidenschaft dauert nicht lange und hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. Sie ist ein Irrtum, eine Enttäuschung. Man versteht sich hinterher nicht und weiß nicht, was man beschuldigen soll. Dies kommt, weil die Menschen in diesem Drama einander zum größeren Teile zufällig sind: Zufallsgefährten auf einer Flucht. Nach der Beruhigung erkennen sie sich nicht…

Der Zustand des Verliebtseins

Es ging ihm wie jungen Verliebten: er fühlte sich großer Heldentaten fähig, nicht aber der täglichen langweiligen und kleinlichen Arbeit. (Hermann Hesse, Unterm Rad, 57. Aufl. 2020. S. 94)

Feuerland

Komm, fahr mit mir nach Feuerland, wo oben unten ist, im Wind das Wasser spiegelglatt, der Mond hat ein Gesicht. Bedeckt von Nacht und Schnee ist hier das Leben lebensmüd. Dort schlagen Finken nach Gebühr ein buntes Liebeslied. Dort sind wir frei, dort sind wir wir, dort finden wir das Glück! Mensch sind wir dort…

Zweitheirat

Das, was die Bande zweiter Ehe flicht, Ist schnöde Sucht nach Vorteil, Liebe nicht. (William Shakespeare, Hamlet, übers. v. August Wilhelm Schlegel, Dritter Akt, Zweite Szene)

Weiberfurcht

Denn Weiberfurcht hält Maß mit ihrem Lieben; In beiden gar nichts oder übertrieben. (William Shakespeare, Hamlet, übers. v. August Wilhelm Schlegel, Dritter Akt, Zweite Szene)

Weltenriss

… die Welt … hatte einen ungeheuern Riss, er hatte keinen Hass, keine Liebe, keine Hoffnung, eine schreckliche Leere und doch eine folternde Unruhe, sie auszufüllen. (Georg Büchner, Lenz, 2016, S. 29)

Man liebt noch ein bisschen

So ergeht es allen: man heiratet, man liebt noch ein bisschen, man arbeitet. Man arbeitet so viel, dass man darüber das Lieben vergisst… Es kommt vor, dass man lange leidet, ohne es zu merken. (Albert Camus, Die Pest, 90. Aufl. 2020, S. 94 f.)

Die Tragik der Liebe

Die Tragik der Liebe besteht nicht darin, zu merken, dass sie vergeht, sondern nicht zu merken, dass sie noch da ist. (Georg Neureither)

Liebeshindernis

[S]ie besaß viel zuviel Stolz und Ehrgeiz, um fähig zu sein zu jenem zeitweiligen völligen Aufgeben der eigenen Persönlichkeit, ohne das es Liebe nicht gibt… (Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Der Leopard, 32. Aufl. 2019, S. 169)

Wann der Selbstbetrug des Mannes endet

Ein Mann… kann sich noch für jung halten bis zu dem Augenblick, da er gewahr wird, daß er Kinder hat, die in dem Alter sind, selbst zu lieben. (Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Der Leopard, 32. Aufl. 2019, S. 80)

Vergessen des Äußeren

Vergaß man das Äußere eines Menschen, wenn man ihn liebte? Vielleicht gerade darum. (Sten Nadolny, Die Entdeckung der Langsamkeit, 1998, S. 123)

Wegwerfgesellschaft

Der „moderne“ Mensch … liebt die Dinge nicht mehr, nicht einmal sein Heiligstes, sein Automobil, das er baldmöglichst gegen eine bessere Marke hofft tauschen zu können. (Hermann Hesse, Der Steppenwolf, 57. Aufl. 2017, S. 205)

Welkende Verhältnisse

Kein Mädchen hatte bisher meine Liebe erweckt, aber ein Junge, der meine Ideale teilte und meinen Büchergeschmack. Es war eines jener fast pathologischen, ätherischen, verschämten, leidenschaftlichen Verhältnisse, wie sie nur Jungen miteinander unterhalten können, und nur solange Mädchen noch nicht richtig in ihr Leben eingetreten sind. Die Fähigkeit dazu verwelkt bald. (Sebastian Haffner, Geschichte eines…

Die Liebe des Lebens

Der Maßstab – falls es einen solchen gibt –, ob man die Liebe seines Lebens gefunden hat, ist nicht der, dass man das ganze Leben miteinander leben will, sondern dass man bereit ist, den anderen zu überleben. (Georg Neureither)

Besser nie lieben!

Wenn einem Menschen doch weggenommen werden, wäre es besser, man hätte sie nie liebgewonnen. (Peter Høeg, Der Plan von der Abschaffung des Dunkels, 1998, S. 276)