Heinig/Möllers, Kultur der Wissenschaftlichkeit

Die Causa zu Guttenberg ist auch ein Symptom für Fehlentwicklungen in der deutschen Rechtswissenschaft. Diese These hat lebhafte Zustimmung, aber auch scharfe Kritik hervorgerufen. Was die Rechtswissenschaft zu einer Wissenschaft macht, ist eine alte, aber stets neu zu stellende Frage. Davon nicht zu trennen, doch notwendig zu unterscheiden ist die andere Frage, wie eine gute universitäre Juristenausbildung gestaltet sein muss. Niemand wird bestreiten, dass ein Jurist nach seinem Studium einen Fall lösen können muss. Die richterliche Entscheidung eines Falles lege artis ist eine wichtige Leistung. Und doch ist sie so wenig mit der Rechtswissenschaft gleichzusetzen wie eine Predigt mit Theologie oder ein chirurgischer Eingriff mit medizinischer Forschung. Ihre Daseinsberechtigung bekommt die universitäre Rechtswissenschaft durch reflektierte Distanz zur Praxis. Rechtswissenschaft muss auch anwendungsorientiert arbeiten, sie darf aber nicht darin aufgehen.

(Hans Michael Heinig/Christoph Möllers, Kultur der Wissenschaftlichkeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.04.2011)

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